Samstag, 30. Juli 2011

Inselhopping auf Norwegisch

Seit ueber einer Woche folge ich nun dem Verlauf der norwegischen Kueste in nordoestlicher Richtung. Da diese zum groessten Teil aus Inseln und Halbinseln besteht, bin ich zum Teil mehrmals taeglich auf Moeglichkeiten angewiesen, von einem Ufer zum naechsten zu kommen. Im Wesentlichen sind dies eigentlich drei:

1. Tunnel, die die bereits beschriebenen Nachteile mit sich bringen,

2. Bruecken, die leider auch nicht sehr viel angenehmer sind, da sie in den meisten Faellen sehr steil sind und in der Hoehe starker Seitenwind das Fahren erschwert.

3. gibt es sehr angenehme Faehrverbindungen. Hier ist man auf die oft sehr duennen Fahrplaene angewiesen, was in einigen Faellen schon einen Schlusssprint ueber die letzten 10 km vor dem Faehrhafen erforderlich macht. Einmal angekommen, sind die Faehrboote aber sehr gemuetliche Ruheoasen, auf denen man frischen Kaffee und Eis erhaelt und mit vielen Leuten in Kontakt kommt. Als zum Beispiel eine norwegische Familie auf einer der Faehrfahrten erfahren hat, dass ich keine Lebensmittel mehr hatte (ich wusste nicht, dass in Norwegen die Geschaefte am Sonntag geschlossen sind), haben sie mir Tuetensuppen, Reis und am Ende sogar noch heisses Wasser fuer Tee geschenkt. Ueberhaupt fuehre ich sehr viele, herzliche Gespraeche mit Menschen, die ernsthaft an dem interessiert sind, was ich auf meiner Tour bisher erlebt habe, und mir schon den ein oder andren Tipp fuer die weitere Planung meiner Route gegeben haben.

Ich in Å mit modischer Tunnelwarnkleidung
Von Bodø aus bin ich also auf die Lofoten gefahren, dem nach allgemeiner Meinung schoensten, aber auch touristisch betriebsamsten Abschnitt der Fjordkueste. Die erste Nacht habe ich auf einem sehr schoen gelegenen Felsplateau am suedlichsten Zipfel der Inselgruppe verbracht. Der Ort heisst - wahrscheinlich da er ganz am Anfang der Inseln liegt - schlicht und einfach "Å". Riesiges Glueck hatte ich bei der Durchfahrt der Lofoten mit dem Wetter - blauer Himmel, Sonne und leichter Rueckenwind. Von den Lofoten ging es dann weiter auf die weiter noerdlich gelegenen Vesterålen, schliesslich auf die Inseln Senja (ebenfalls wunderschoen) und Kvaløya. Gestern Abend bin ich in der Stadt Tromsø angekommen, die - natuerlich - auch auf einer Insel liegt.

Hier in Tromsø lege ich meinen, nach Goeteborg und Oestersund, nunmehr dritten Ruhetag ein. "Ruhe" trifft es nicht ganz, da ich an diesen radfahrfreien Tagen damit beschaeftigt bin, mich organisatorisch auf die kommenden Etappen vorzubereiten. Das heisst ich besorge Faehrfahrplaene, wasche meine Klamotten, trockne das Zelt, fuehre kleinere Reparaturen am Rad durch und fuelle meine Lebensmittelvorraete auf (was auch immer wieder zusaetzliches Gepaeck von bis zu fuenf Kilo bedeutet).  

Die Eismeerkathedrale in Tromsø
Ganz ohne Kultur wollte ich diesen Tag im "Paris des Nordens" aber doch nicht beschliessen und habe die Eismeerkathedrale, das Wahrzeichen der Stadt Tromsø, besucht. Diese ist zwar nicht so spektakulaer wie in den Prospekten beschrieben, aber ganz links liegen lassen wollte ich sie auch nicht.

Mein Ziel rueckt inzwischen in greifbare Naehe. Tromsø und das Nordkap trennen nur noch ca. 545 km, was bedeutet, dass ich realistisch damit rechnen kann, Ende der kommenden Woche dort anzukommen. Ich werde natuerlich an dieser Stelle davon berichten.  

Montag, 25. Juli 2011

In Norwegen

Es faellt ein bisschen schwer, jetzt locker ueber wunderschoene Eindruecke einer Radtour zu schreiben nach dem, was in diesem Land am Freitag passiert ist. An genau diesem Tag bin ich ueber die Grenze von Schweden nach Norwegen gefahren und am Abend sickerten auf dem Campingplatz in Mo i Rana die ersten Geruechte ueber ein Attentat in Oslo durch. Mehr habe ich zunaechst nicht erfahren, am Samstagmorgen wunderte ich mich dann ueber menschenleere Einkaufcenter und Strassen. Ich dachte zunaechst, ich haette einen Feiertag verpasst. Ein Mann, mit dem ich im Supermarkt ins Gespraech kam, brach in Traenen aus, als er mir versuchte zu erklaeren, was passiert ist. Auch hier, ueber 1.000 Kilometer von Oslo entfernt, stehen die Menschen buchstaeblich unter Schock und die Stimmung erscheint mir noch immer gedaempft.

Nicht gern gesehen
Trotzdem hier ein paar aktuelle Informationen zum Fortschritt meiner Tour. Ich komme weiterhin sehr gut voran. Quasi mit der Ueberquerung der "Riksgräns" habe ich den 2000. Kilometer der Tour absolviert. Die Etappen ueber die Berge von Schweden nach Norwegen waren die bisher landschaftlich schoensten - wenn auch anstrengendsten - und die Fjordkueste der Region "Helgeland", die ich am Samstag erreicht habe, ist wirklich spektakulaer. Man fuehlt sich mit seinem Fahrrad ziemlich klein vor diesen riesigen Berghaengen. Auf einer der vielen Faehrpassagen, die man nehmen muss, habe ich inzwischen den Polarkreis (66,33. Breitengrad) ueberquert. Im Vergleich zu Schweden ist die Landschaft sehr viel abwechslungsreicher, aber auch schwieriger mit dem Rad zu bewaeltigen. Steigungen von 10 % und mehr sind keine Seltenheit, oft auf mehreren Kilometern.

Teilweise haben die Norweger diese Steigungen durch Tunnel abgekuerzt, die man hier auch als Radfahrer nutzt und nutzen muss, da die alten Passstrassen nicht mehr existieren. Da ich vorher wusste, was mich erwartet, habe ich mein Rad mit einem zusaetzlichem roten Blinklicht und mich selbst mit einer Warnweste ausgeruestet. Es ist trotzdem alles andere als angenehm, in den bis zu fuenf Kilometer langen Roehren zu fahren, da der Verkehr extrem laut ist, der Untergrund immer nass, sehr kalt und zum Teil neblig. Zudem braucht man einfach laenger als mit dem Auto fuer die Durchfahrt, gerade wenn es im Tunnel noch bergauf geht. Ich bin jedesmal wieder froh, wenn ich dann das sprichwoertliche "Licht am Ende des Tunnels" sehe. 
Zelt am Fjord. Es ist ca. 23 Uhr.
Zeitweise konnte ich wieder mit Begleitung radeln, zusammen mit Micheal, einem Ur-Hamburger, der professionelle Dia-Vorfuehrungen produziert, und deshalb hier fotografiert. Das sehr wechselhafte Wetter macht ihm seine Aufgabe schwer.

Heute Abend noch werde ich auf die Lofoten uebersetzen und dort meine Fahrt ueber die Vesterålen in Richtung Tromsø fortsetzen. Wenn es weiterhin so gut laeuft und ich ohne Pannen oder extremes Schlechtwetter durchkomme, kann ich damit rechnen, ungefaehr in zwei Wochen am Nordkap anzukommen.

An dieser Stelle einmal vielen Dank fuer alle Kommentare und guten Wuensche, die mich erreichen. Ich freue mich jedes Mal darueber!

Montag, 18. Juli 2011

Meilensteine


Sieht aus wie eine Minigolfbahn,
ist aber eine Strasse in Schweden
Es gibt Tage, an denen man, wenn man morgens zum ersten Mal in die Pedale tritt, merkt, dass es einfach läuft. Der Reifen singt auf dem Asphalt, die Sonne scheint und der Wind schiebt kräftig von hinten. So ein Tag war gestern und so habe ich meine bisher längste Etappe (137 km) mit der besten Durchschnittsgeschwindigkeit (22,1 km/h) hinter mich gebracht und die Stadt Östersund erreicht. Ja, Östersund verdient den Namen Stadt, während alle anderen Ansammlungen von Menschen und Häusern hier oben mehr als Versorgungsstationen bezeichnet werden muessen. Zwei grosse Supermärkte, zwei Tankstellen, das war´s. Erinnert mich stark an Borgarnes auf Island.

Reifenpanne
So glatt wie gestern lief es allerdings nicht die ganze Zeit. Nachdem ich den Vänern hinter mir gelassen hatte, ging es lngsam aber sicher rauf in die "Berge", bis auf ca. 600 Meter Höhe. Gleichzeitig verschlechterte sich das Wetter, so dass ich die Etappe von Orsa nach Sveg auf der Hälfte abgebrochen habe und mich bei strömendem Regen in ein "Vandrarshem" (Jugendherberge) gerettet habe. Die Temperatur war auf 8 Grad gesunken und meine Hände zwischenzeitlich so eingefroren, dass ich den Helm nicht mehr öffnen konnte. Ausserdem hatte ich meine erste Reifenpanne zu verzeichnen, ausgerechnet an einem Ort, der von Muecken und Ameisen nur so wimmelte.

Das Schild sagt, ich befinde mich auf einer Höhe mit
St. Petersburg und der Suedspitze Grönlands
Mir geht es auf dieser unendlich langen Strecke so, dass ich mir immer wieder Meilensteine suche, an denen ich mich entlang hangele. Das kann ein Ort sein, eine Provinzgrenze, das Erreichen des nächsten Kartenblatts. Zwei solcher Meilensteine habe ich in der vergangenen Woche abhaken können: Zum einen die Ueberquerung des 60. Breitengrades (zum Vergleich: Hamburg liegt auf dem 53., das Nordkap auf dem 71.), auf den mit einem Schild hingewiesen wurde, zum anderen der 1.000. Kilometer, den ich genau mit der Einfahrt in die Stadt Hagfors vervollständigt habe. Solche Erfolge feiere ich dann regelmässig mit einem Muesliriegel oder Ähnlichem. 


David und unser erstes
Abendessen in Östersund
Inwischen fahre ich Teile der Strecke gemeinsam mit David aus Leipzig, der ebenfalls auf dem Weg zum Nordkap ist, allerdings den direkteren Weg ueber Finnland wählt und dann entlang der norwegischen Kueste zurueckfährt. Insgesamt plant er ca. 8.000 km zu fahren. Hat einer gesagt, meine Tour wäre lang?  

  



Dienstag, 12. Juli 2011

REGN-KAOS

Als ich heute auf dem Weg in Richtung Nordufer des Vändern-Sees unterwegs bin, sehe ich diese Schlagzeile des "Aftonbladets", die ich - obwohl mein Schwedisch nicht besonders gut ist - uebersetzen kann:

Da gerade dunkle Wolken aufziehen, fahre ich mal lieber nicht weiter, sondern warte unter einem Dach neben einem Café ab, wie sich die Dinge entwickeln. Und tatsächlich geht kurze Zeit später ein Gewitterschauer los, den ich froh bin, nicht auf der Strasse ohne Schutz erleben zu muessen.

Nach ca. einer Stunde ist das Schlimmste erst einmal vorbei und ich fahre weiter. Kurze Zeit später werde ich von einem Schweden, Arved, eingeholt, mit dem ich den Rest der Etappe bis Kil fahre und sehr nett unterhalte. Herzliche Gruesse an dieser Stelle an ihn. Er hat mich dann auch auf die gebracht, nicht wie geplant nach Karlstad zu fahren, sondern direkt nach Kil, von wo aus ich morgen auf einer ehemaligen Eisenbahntrasse ohne Autoverkehr in Richtung Norden weiterfahren kann. Vorher legen wir einen Stopp in einer Pizzeria ein, die laut seiner Aussage ein Geheimtipp sein soll, und es hat wirklich grossartig geschmeckt.

Zum ersten Mal seit meiner Abreise verbringe ich heute die Nacht nicht im Zelt, sondern in einem B&B in Kil. 

Montag, 11. Juli 2011

Sverige! (mit Startschwierigkeiten)

Angetrieben von gutem Rueckenwind, der mir bis heute treu geblieben ist, habe ich es am Freitagabend nach Frederikshavn in Nord-Dänemark geschafft, von wo ich noch am Abend mit der Fähre nach Schweden uebergesetzt bin. Vorher hatte ich meinen ersten richtigen Regentag. Hätte ich nicht die Abfahrtszeit der Fähre vor Augen gehabt, hätte ich die Etappe sicherlich abgebrochen, aber so hiess es halt Augen zu und durch. Als ich mich zwischendurch in einer Bäckerei bei einer Tasse Kaffee aufwärmen möchte, ernte ich vorwurfsvolle Blicke der Verkäuferin, da ich den ganzen Fussboden nass mache und beim Rausgehen sehe ich, wie sie mit Eimer und Wischmop den von mir verursachten See beseitigt.


In der Wartespur fuer die Fähre nach Schweden:
Ein richtig cooles Bike und ein Motorrad
 Mein Plan war, nach Ankunft in Göteborg ein Hotel oder eine Jugendherberge zu suchen. Ich hatte die Rechnung allerdings ohne ein jährlich stattfindendes Handball-Turnier, den "Partille-Cup" gemacht, der dafuer sorgte, dass die Stadt komplett ausgebucht war. Spaet in der Nacht rettete ich mich auf einen Campingplatz am Stadtrand, nachdem ich fast zwei Stunden mit dem Rad durch die Stadt geirrt war. In Göteborg habe ich dann meinen ersten Ruhetag eingelegt. Am Vorabend hatte ich schon einen ersten Eindruck von der Stadt bei der beeindruckenden Einfahrt mit der Fähre in den "Göta älv" bekommen.
Inzwischen sitze ich natuerlich wieder auf dem Sattel, derzeit umfahre ich den Vänern-See und bin heute im Hauptort der Provinz Dalsland angekommen, in Åmål. Es läuft bisher wirklich fantastisch, was nicht nur am angesprochenen Rueckenwind, sondern gutem Wetter, traumhaften Radstrecken und immer wieder netten Leuten liegt, die ich auf Campingplätzen oder unterwegs treffe.
Mein derzeitiges Zuhause

Donnerstag, 7. Juli 2011

Der Start

Jetzt bin ich also wirklich unterwegs. Nach Monaten, in denen ich diesen Moment im Kopf durchgespielt habe, rolle ich am Sonntag, den 3. Juli um genau 11:53 Uhr nach einer Ehrenrunde durch die Hopfenstrasse davon. Ich muss zugeben, dass ich ganz schoen angespannt war in den Stunden vor dem Start, das hat sich aber schnell gegeben.

Abschiedskommando
Obwohl sich die Sonne an den ersten beiden Tagen gar nicht zeigt, ist das Wetter nahezu perfekt zum Radeln, da es kaum regnet und windstill ist. So schaffe ich direkt am ersten Tag 110 km und baue mein Zelt am Westensee bei Kiel auf. Am Montag fahre ich weiter zur Flensburger Foerde, wo ich bereits mit Blick auf Daenemark auf der anderen Kuestenseite uebernachte. Am Dienstag ueberquere ich dann nach kurzem Stopp in Flensburg die daenische Grenze und verbringe die Nacht in Haderslev. Die Strassen hier gehen nahezu immer geradeaus, z.T. mit sehr gut ausgebauten Radwegen. Das Land ist allerdings sehr viel huegeliger als ich vermutet habe, so dass ich nicht ueber Durchschnittsgeschwindigkeiten von 18 km/h hinauskomme. Inzwischen ist es sehr schoen sonnig und angenehm warm, ich sitze im "Kulturhuset" von Skanderborg, eine Mischung aus oeffentlichem Treffpunkt, Café und Bibliothek, die es in aehnlicher Form in ganz Skandinavien geben soll. Wenn ich weiter so gut vorankomme, werde ich wohl am Samstag mit der Faehre nach Schweden uebersetzen und dort meinen ersten Ruhetag einlegen. Ich hoffe, ich komme dann in Ruhe dazu zu schreiben und vielleicht auch die ersten Bilder hochzuladen. 

Sonntag, 3. Juli 2011

Alles auf Null

Nur noch wenige Stunden bis zum Start, nach monatelanger Planung und Vorfreude geht es jetzt also endlich los. Alle Taschen sind gepackt, der Tacho auf Null gestellt, die Kette frisch geölt. Mein Etappenziel für den ersten Tag ist Neumünster, vieleicht auch Kiel wenn es gut läuft. Ich melde mich in den nächsten Tagen mit dem ersten Tourbericht!
Gesamtkilometer: 0